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Neue Pfarrerin

Interview mit Sabine Guder

Sabine Guder im Interview über unsere Kirchengemeinden, ihr Studium und sich selbst.

Wir haben dieses Interview geführt, als Pfarrerin Sabine Guder noch keine 14 Tage im Amt war. Lediglich der erste Gottesdienst in Garbenteich und die dortige Gemeindeversammlung hatte sie als öffentliche Auftritte hinter sich. Dennoch verlief das Gespräch wie unter guten Bekannten, so vertraut und humorvoll.

Redaktion:

Sie haben durch die Präsentation von Angelika Weis in der Gemeindeversammlung plakativ mitbekommen, wie unstet die Situation in unseren beiden Gemeinden seit dem Weggang von Pfarrerehepaar Specht gewesen ist. Welchen ersten Eindruck haben Sie vom Gemeindeleben hier und wo möchten Sie ansetzen?

 

Sabine Guder:

Zunächst bin ich gespannt, was kommt. Durch die Pandemie und die Vakanzen hat sich viel verändert, manches ruht, anderes ist zu Ende gegangen. Einiges in den letzten Jahren ist von engagierten Menschen hier erhalten worden. Das möchte ich mir ansehen. Mir ist es wichtig, dass Gemeinde ein Ort ist, an dem man gut leben kann und gerne hinkommt. Durch Zuhören und Miterleben erfährt man, was sich die Menschen wünschen, was noch fehlt und das Leben in der Gemeinde und im Nachbarschaftsraum bereichern würde. Das möchte ich unterstützen und ich selbst habe auch die ein oder andere Idee. Ich freue mich auf das, was sich da in Zukunft so entwickelt: Was wir erreichen können, wenn wir uns zusammentun, erkennen, was es Altbewährtes gibt und wo wir Mut für Neues aufbringen können.

Bei allem, was sich ändert, ich vertraue darauf, dass Jesus Christus unseren Weg mitgeht.

Auch wenn wir mal verzagen oder ihn nicht erkennen, er weicht uns nicht von der Seite.

 

Während Ihrer Ausbildung sind Sie viel herumgekommen. Welche Erfahrungen haben Sie besonders geprägt?

 

Nach einer schönen Kindheit und Jugend in und um Schlitz im Vogelsberg, durfte ich zum Studieren „in die weite Welt.“ Bewusst habe ich mich mit Jena als ersten Ausbildungsort für eine Stadt im Osten Deutschlands entschieden. Ich wollte selbst erfahren, wie es sich dort lebt. Ich bin erst nach dem Mauerfall geboren, aber in der Grenzregion, aus der ich komme, war die ehemalige Grenze noch präsent. Außerdem hat mich die Universität Jena mit einem modernen und offenen, freien Ansatz überzeugt.

Das Thema der „schrumpfenden Kirche“ war im Osten Deutschlands damals schon viel diskutiert. Ich habe dort erlebt, dass bis zu 16 Dörfer zu einem Gemeindeverbund zusammengeschlossen wurden. Ich habe erfahren, dass das wehtut und eine große Herausforderung, aber nicht das Ende ist, sondern eine gute Chance für einen Neuanfang. Es entstehen viele Ideen, wenn Menschen beginnen zusammenzuarbeiten.

 

Die Kirche im Dorf lassen

Und überrascht hat mich ob der geringen Gemeindemitglieder in den Orten die Bindung zur Kirche als Gebäude. Sie ist für fast alle ein sehr wichtiger, bedeutungsvoller Ort mit vielen Gefühlen behaftet. Wenn es um das Verkaufen von Kirchengebäuden ging, standen auf einmal ganze Dörfer zusammen, um „ihre“ Kirche zu retten. Das waren sehr schöne und prägende Erfahrungen.

Später bin ich aus privaten Gründen in den Süden gezogen. Mein späterer Mann lebte lange in Freiburg. Und ich konnte mit einem Erasmus-Austausch ein Jahr in der Europastadt Straßburg studieren. Anschließend bin ich an die Universität Heidelberg gewechselt.

Es war unser gemeinsamer Entschluss, wieder nach Hessen zurückzukommen. Ich bekam die Vikariatsstelle in Watzenborn-Steinberg und der Corona-Pan-demie zum Trotz, mit all ihren eingeschränkten Möglichkeiten, haben wir uns hier schnell wohlgefühlt.

 

Nach meiner Elternzeit mit unserer heute 1-jährigen Tochter habe ich am Flughafen Frankfurt ein Spezialvikariat gemacht. Für ein halbes Jahr durfte ich bei der Flughafenseelsorge neue Erfahrungen machen. Die „Gemeinde“ dort ist riesig. Von Mitarbeitenden mit privaten oder beruflichen Problemen wie Personalmangel und hohen Arbeitsbelastungen über Passagiere, die in der Kapelle ein bisschen Ruhe suchen, bis hin zu Menschen, die an der EU-Außengrenze Frankfurter Flughafen nicht weiterreisen dürfen und in ihre Heimatländer zurückgebracht werden. Jeder Tag dort sieht anders aus und die Arbeit mit so vielen unterschiedlichen Menschen in allen Sprachen der Welt hat mich begeistert und fasziniert.

Schon seit meinem Studienbeginn in Jena, wo der Begriff heute noch ganz anders gefüllt wird als hier, begleitet mich das Thema „Freiheit“. Ich durfte im Osten Deutschlands studieren und in Frankreich. Mit meinem deutschen Pass kann ich (fast) die ganze Welt bereisen, wenn ich das möchte. Durch das Studium und meine Zeit am Flughafen sehe und genieße ich meine Freiheit heute ganz anders.

Auch in christlichem Sinn. In Jesus Christus kommt Gott zu den Menschen. Jesu Tod und seine Auferstehung befreien mich von allem, was mich von Gott trennen könnte. Das ist ein Geschenk. So befreit leben zu können, auch wenn die Umstände in unseren Zeiten schwierig sind.

 

Wo sind Sie zu Hause?

 

Bisher sind wir überall schnell angekommen, egal ob in Dorf oder Stadt. Alles hat seinen Reiz. Jetzt leben wir gerne in Pohlheim und hoffentlich bald auch im Pfarrhaus in Hausen. Unsere Tochter hat einen Tagespflegeplatz in Garbenteich, mein Mann arbeitet in Marburg. Unsere Familien leben in Schlitz. Ich musste nicht lange überlegen, als mir die Stelle für die Gemeinden Garbenteich und Hausen/Petersweiher angeboten wurde – im Gegenteil. Die Menschen, der Ort, ich glaube, das Gesamtpaket passt gut für mich als Pfarrerin und für uns als Familie.

 

Wenn dieser Gemeindebrief erscheint, werden Sie rund 60 Tage in Ihrem neuen Amt sein. Was möchten Sie bis dahin getan bzw. wen kennen gelernt haben?

 

Ich möchte mich in meinen Gemeinden noch besser auskennen, noch mehr Menschen aus Garbenteich und Hausen und Petersweiher kennengelernt und gesprochen haben. Bestattet und getraut habe ich hier schon. Bis dieser Gemeindebrief erscheint, werde ich auch einen kleinen Menschen getauft haben. Wir planen gerade einen Familiengottesdienst in Hausen und einen Gottesdienst mit der Singschule in Garbenteich. Darauf freue ich mich schon sehr.

Vielleicht haben ja auch Sie, der/die Sie das hier gerade lesen, Lust, mich einmal anzusprechen und zu erzählen, damit ich Sie kennenlernen kann. Das würde mich freuen.


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